Stellungnahme
Entwurf eines Gesetzes über die Durchführung des im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik einzuführenden Integrierten Verwaltungs und Kontrollsystems (kurz GAP Integriertes Verwaltungs und Kontrollsystem Gesetz)
hier: Verbändeanhörung
Sehr geehrte Frau Ministerin Klöckner, sehr geehrte Abgeordnete, sehr geehrte Damen und Herren,
wir möchten als Fachgruppe GAP des Vereins Land schafft Verbindung e.V. i.G. eine Stellungnahme zur Verbändeanhörung des Referentenentwurfs des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft abgeben. Unsere Einschätzung zur Durchführung des im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik einzu-führenden Integrierten Verwaltungs- und Kontrollsystems (kurz GAP-Integriertes Verwaltungs- und Kon-trollsystem-Gesetz) ist die, dass wir durch dieses unspezifische Gesetz zum GAPInVeKoSG eine willkürli-che Verschärfung der Durchführungsverordnung befürchten. Bis zum jetzigen Zeitpunkt ist die Durch-führungsverordnung noch nicht genauer erläutert worden, bzw. fehlt diese in Gänze. Die Verordnungen können jederzeit ohne Anhörungsverfahren der Betroffenen ergänzt, verändert sowie verschärft wer-den.
Stellungnahme:
Das GAPInVeKoSG ist im jetzigen Entwurf viel zu oberflächlich formuliert, es fehlen an vielen Stellen detaillierte Einzelregelungen. Die Flächenregelungen waren in den ersten GAP Entwürfen vorgesehen, abzuschaffen, jetzt wird das InVeKoS Verfahren wieder aufgegriffen unter dem Deckmantel eines angeblichen neuen Gesetzes. Neu sind nur Flächen Monitoring, die elektronische Kommunikation und die Weitergabe der statistischen Daten an die EU.
Im Einzelnen möchten wir zu den einzelnen Paragraphen folgendes anmerken:
Zu S. 1 3:
Es ist im Prinzip das alte Gesetz aus dem Jahr 2014. Dieses wird nur in einigen Punkten verändert sowie verschärft. Es ist kein neues Gesetz. Das Gesetz soll die Grundlagen eines integrativen Antrags--, Verwaltungs und Kontrollsystems beschreiben. Dabei geht es um die Überführung technischer Regelungen einer europäischen Durchführungsverordnung in ein technisches System einer nationalen Durchführungsverordnung.
Es soll auf vorhandene Strukturen zurückgegriffen werden und gleichzeitig Freiräume genutzt werden. Freiräume führen regelmäßig zu Komplexität. Insbesondere wenn jedem Bundesland Freiräume gewährt werden, die nicht durch technische Vorgaben gelenkt werden. Bspw. könnte jedes Bundesland die Integration des Flächenmonitoring für sich definieren. In der Konsequenz führt dies beim BMEL zu mehr Komplexität im Rahmen der Weiterverarbeitung in Richtung EU.
Es stellt sich grundsätzlich die Frage, ob es nicht sinnvoller ist, eine Systemvorgabe für alle Bundesländer zu formulieren und die individuellen Anforderungen der Bundesländer an zentraler Stelle umzusetzen. Ein Customizing der Bundesländer bliebe erhalten, würde aber zentral umgesetzt, sodass alle davon partizipieren können.
Wie andere EU Länder auf diese Maßgabe reagieren ist ungewiss. Man kann aber durch die Dezentralisierung von einer Wettbewerbsverzerrung innerhalb der EU ausgehen.
Durch die Rückdelegierung seitens der EU auf die Nationalstaaten entstehen hier Kosten. Insbesondere durch die vollständige Neuregelung des InVeKoS. Diese Kosten beziehen sich auf die Umsetzung und Realisierung sowie Systemintegration und Systemtests und zwar auf Bundesebene wie auch auf jeder Landesebene. Da die Umsetzung nicht zentral erfolgt, sondern länderspezifisch realisiert werden muss entstehen 17 fach Kosten. So gesehen ist die Aussage irreführend.
In § 2 wird das integrierte System beschrieben. Es fehlt eine Beschreibung der technischen Voraussetzungen für den Antragsteller, sofern es nicht unter 2. zu finden sein soll. Es fehlt die Erwähnung eines Authentifizierungssystems für den Antragsteller. Im Kern ist § 2 umfassend formuliert.
Es fehlt die Erwähnung notwendiger Schnittstellen zu anderen Systemen im Rahmen eines notwendigen Datenaustausches. Grundsätzlich: in einem integrativen System sollten alle Belange des Prozess Berücksichtigung finden und beschrieben werden. Dies umfasst z.B. Voraussetzungen der Antragstellung, Authentifizierung, Korrekturmöglichkeiten durch den Antragsteller, behördliches Prüfungsverfahren, Bewilligungsverfahren, Kontroll und Sanktionsverfahren und Archivierungsverfahren.
Zu S. 4:
Im Ländlichen Raum gibt es mitunter noch keine ausreichende Digitalisierung und technische Infrastruktur in den Betrieben. Wie soll ein solcher Betrieb seiner Administration und Dokumentation nachkommen, wenn die Schriftform entfällt. Hier fehlt der Hinweis auf eine Härteregelung.
Jedes Bundesland entwickelt „seine“ SW für die Kommunikation. Eventuell sogar auf unterschiedlichen IT Infrastrukturen. Warum nicht analog dem Einkommenssteuerprogramm ELSTER? Eine zentrale Stelle entwickelt die Plattform und die anderen Bundesländer können davon partizipieren. Die Bundesländer sollten ein „einheitliches“ Antragssystem einführen.
Zu S. 5:
Der Sonn und Feiertagsregel ist zu widersprechen, denn es müsste eine klare Regelung für die Bearbeitung des Antrages geben. Dies ist teilweise extrem variable in den verschiedenen Bundesländern.
Der Gegenstand Kontrollverfahren muss klar definiert werden. Für die Einhaltung der Fördervoraussetzungen sollten Toleranzen von 3 5% eingeführt werden Das nach § 7 Absatz 1 einzurichtende Kontrollverfahren sollte stichprobenartig erfolgen, die systematische Verwaltungskontrollen sollten 50% der Sammelanträge enthalten um den Verwaltungsaufwand zu reduzieren.
Zu S. 6:
Der Bericht der zuständigen Behörde muss auch für einen Dritten nachvollziehbar sein. Um es zu verdeutlichen, im Rahmen der Nachvollziehbarkeit, Überprüfbarkeit der vorgenommenen Kontrollen ist ein Bericht für die Antragsteller notwendig. Aus dem Bericht muss die Kontrolle gegen die Stichprobe nachvollziehbar sein: Nachvollziehbarkeit, Belastbarkeit, Überprüfbarkeit der gewählten Sichtprobe und Transparenz für die Antragsteller sind notwendig.
Zu S. 7:
Der Sanktionsgrenze ist zu widersprechen. Es fehlt die Bagatellgrenze. Die Sanktion darf nicht generalistisch sein, sondern sollte nach den Mängeln geregelt werden.
Zu S. 8:
§ 18 legt dar, dass die Regelungskompetenz an das BMEL delegiert wird. Es gibt aber keinen Hinweis auf technische Vorgaben des/der Systeme. Client / Server oder Cloud Technologie sowie Datensicherheit und Systemsicherheit.
Zu S. 9:
Die Berechnung der Zahlungsansprüche (also Anzahl der Hektar) nach (1), aufgeteilt in Gruppe 1 (erste 40 Hektar in Betrieben unter 300 Hektar) und Gruppe 2 (nächste 20 Hektar in Betrieben unter 300 Hektar) basiert auf Zahlen aus dem Jahr 2020. Diese Einheitsberechnung soll vom BMEL berechnet werden, basierend auf den Betriebs bzw. Flächendaten der Länder. Aktuell werden von 61 € für Gruppe 1 und 36 € für Gruppe 2 ausgegangen (S. 29). Das unfachliche Vorgehen besteht darin, dass die Flächendaten von 2020 für die Antragsjahre von 2023 (bereits 3 Jahre später!) bis 2027 gelten sollen. Die Höchstgrenze von 60 Hektar wird daraus begründet, dass der durchschnittliche Antragssteller 2019 eine Betriebsgröße von 54 Hektar aufwies und man auf Grund des Strukturwandels in Zukunft von größeren Betrieben ausgehen kann. Wenn diese richtige Annahme also im Entwurf schon integriert ist, warum ist dann keine jährliche Anpassung der Höchstgrenze der ersten Hektare sowie der tatsächlichen Beitragsberechnung vorgesehen?
Im letzten Absatz (8) wird ausgeschlossen, dass Betriebsinhaber die Unterstützung erhalten, wenn sie nach dem 01.06.2018 ihren Betrieb „nachweislich aufgespalten hat“, um die Prämie zu erhalten. Welcher „Nachweis“ soll hier verwandt werden, um solche Anschuldigungen zu belegen?
Zu S. 10:
Dass der Begriff „Junglandwirt“ nach wie vor nur am Alter festgemacht wird, anstatt (wie z.B. in der Jagd üblich und sicherlich realistischer) auch an der mangelnden Erfahrung auf Grund einer erst kürzlich erworbenen Berufsausbildung, trägt der Komplexität des Themas nicht Rechnung. Ein Verbesserungsvorschlag ist die Beibehaltung der Förderung bis zum 40. Lebensjahr und eine zusätzliche Förderung „spätberufener“ Landwirte bzw. erstmalige Betriebsleiter auch über 40 Jähriger, insofern die Ausbildung nicht länger als XY (5) Jahre zurückliegt.
Im § 14 Absatz 2 wird festgelegt, dass der Junglandwirte Betrag max. für 120 Hektar förderfähiger Fläche ausgezahlt wird. Inwiefern die Betriebsgröße einen Zusammenhang mit der Förderung junger Betriebsleiter darstellt, sollte bitte fundiert dargelegt werden.
Nach den Unionsregeln ist das Gesamtbudget für Junglandwirte ein Mindestbetrag. Wenn z.B. Gelder von „absichtlich zum Zwecke des Erhalts der Umverteilungseinkommensstützung“ geteilten Betrieben abgezogen werden, wäre es genauso eine Überlegung wert, diese Beiträge in die Junglandwirteförderung fließen zu lassen.
Zu S. 11:
Das neue Umsetzungsmodel wiederum ist durch weniger Vorschriften auf EU Ebene und damit mehr ist durch mehr Freiheiten bei der Umsetzung auf nationaler Ebene geprägt. Dabei wird verkannt, dass Freiheiten in der technischen Umsetzung klarer formuliert werden sollten. Freiheiten können auch zu Willkür führen.
Eingeräumte Gestaltungsspielräume, insbesondere, wenn sie an die Länder delegiert werden führen zu keiner Vereinfachung, sondern zu erhöhter Komplexität und Kosten. Es sollten technische Rahmenbedingungen beschrieben werden.
Zu S. 12:
Rechts und Verwaltungsvereinfachung sollten ebenfalls realisiert werden. Jedes Bundesland entwickelt „seine“ Software für die Kommunikation. Wir empfehlen eine bundeseinheitliche Regelung, denn dies würde erhebliche Kosten sparen und alle hätten dieselben Voraussetzungen bei der Bearbeitung des Antrages.
Das neue Flächenmonitoring sehen wir kritisch. Wie erfahren die Betroffenen von der automatischen Auswertung und gibt es Korrekturmöglichkeiten, wenn sich die Sachlage ändert. (Landschaftselement durch Naturkatastrophe „verschwunden“).
Zu S. 13:
Der Erfüllungsaufwand des Bundes ist auch zu beachten. Durch die Rückdelegierung seitens der EU auf die Nationalstaaten entstehen hier Kosten. Insbesondere durch die vollständige Neuregelung des InVeKoS. Diese Kosten beziehen sich auf die Umsetzung und Realisierung sowie Systemintegration und Systemtests und zwar auf Bundesebene wie auch auf jeder Landesebene. Da die Umsetzung nicht zentral erfolgt, sondern länderspezifisch realisiert werden muss entstehen 17 fach Kosten. So gesehen ist die Aussage irreführend.
Zu S. 19:
Dies bedeutet, dass ständige neue Verordnungen erlassen werden können und es ist zu erwarten, dass keine Stabilität im integrierten Verfahren erfolgen wird. Wir lehnen eine solches undurchsichtiges Verfahren ab. Warum werden viele Reglungen nicht gleich verbindlich gesetzlich getroffen, so ist die Spielwiese der ständig nachgeschobenen Verordnung eröffnet, denn die Ermächtigung für das BMEL ist hier gleich dazu verbindlich getroffen. Es bedarf keiner Anhörung. Nicht zu vergessen ist, dass Verordnungen von ihrer Bedeutung unterhalb der förmlichen Gesetze stehen. Gemäß Art. 80 Abs. 1 GG soll hier schon die Ermächtigung vom Bundesrat eingefordert werden, dass auch weitere Stellen zum Erlass von Verordnungen ebenfalls hinzugezogen werden können. Wir möchten hier auf ein willkürliches Handeln der einzelnen Bundesländer hinweisen, dass weitere Verschärfungen auf Grund der unterschiedlichen Landesregierung und deren Zusammensetzung zu erwarten ist. Dies könnte zu Wettbewerbsverzerrungen führen.
Es wurde die Datenschutzgrundverordnung erlassen und wir fordern deren Berücksichtigung auch hier, wenn sensible Daten der Länder an die EU weitergegeben werden.
Wir fordern, dass schon verbindlich im Gesetz geregelt wird, welche Daten weitergegeben werden und fordern im Gegenzug die gleiche Regelung aus den anderen EU Staaten.
§ 20 (S.20):
§ 33 MOPG widerspricht diesem Gesetz, denn es sollen nur noch Stichproben erfolgen und keine Kontrollen. § 33 MOG hat gezeigt, dass unangemeldete Kontrollen in der Regel Schwierigkeiten hervorrufen. Der Auskunftspflichtige ist nicht anwesend. Hier fordern wir eine Überarbeitung des § 33 MOG, gerade im Hinblick, dass die Kontrollen reduziert werden sollen. Eine vorherige Anmeldung erleichtert den Behörden als auch dem Auskunftspflichtigen die Arbeit.
Mit der Abgabe des neuen Antrages werden die Daten jedes Jahr neu erfasst bzw. abgefragt, es bedarf keiner ständigen Abfrage.
Zu S. 20:
Auch hier möchten wir auf vorne verweisen, dass schon heute klar geregelt werden sollte, welche Stellen mit dem GAPInVeKoSG beschäftigt werden. Zudem fehlt die Durchführungsverordnung.
Fazit:
Das GAPInVeKoSG in dieser Fassung ist dringend überarbeitungswürdig, zudem sollte die Durchführungsverordnung mit veröffentlich werden. Es werden viele Probleme nicht erkannt, wie die systemtechnischen Umsetzungen. Auch die Kostenverteilung, denn die ständige Neuregelung von Verordnungen und das Durchreichen des Bundes an die Länder verursacht erhebliche Kosten, die aktuell nicht überschaubar sind. Denn es ist zu befürchten, dass die technischen Nacharbeitungen kostenintensiv sein werden. Sinnvoll ist einheitliche Software mit einem identischen System für alle Bundesländer. Die erfassten Daten werden automatisch im nächsten Jahr wieder aufgespielt und brauchen nur bestätigt werden, denn die Flächen bleiben im Prinzip immer gleich, selten wird etwas auf den Ackerflächen gebaut.
Wir lehnen einen Flächenmonitoring ab, denn es ist keine Vereinfachung, sondern führt zu noch mehr Kontrollen, die nicht mehr nachvollziehbar sein werden.
Das Stichprobeverfahren steht nicht im Einklang mit § 33 MOG.
Wir empfehlen eine umfassende Überarbeitung des GAPInVeKoSG nebst dazugehöriger Durchführungsverordnung, um auch die Transparenz und das Vertrauen in das Gesetz zu schaffen.
Mit freundlichen Grüßen
Fachgruppe GAP Land schafft Verbindung e.V. i.Gr.
Der Vorstand
Dirk Andresen Frank Böcker Claus Hochrein Johannes Wagenbach Gerd Austgen