Hallo zusammen, ich sag euch heute mal, warum die Bauern nicht nur aufs Feld gehören – sondern auch in die Geschichte. Vor fünfhundert Jahren, genauer: in den Jahren fünfzehnhundertvierundzwanzig bis fünfzehnhundertfünfundzwanzig, erhoben sich zehntausende Bauern gegen die Obrigkeit. Nicht aus Übermut. Nicht aus Gewaltlust. Sondern, weil ihnen der Kragen geplatzt war. Weil sie nicht länger zusehen wollten, wie ihr Leben von oben diktiert wird – von Fürsten, von der Kirche, vom Adel. Sie forderten Freiheit. Gerechtigkeit. Menschlichkeit.
Ein kurzer Blick zurück: Im frühen sechzehnten Jahrhundert lebten die meisten Menschen im Heiligen Römischen Reich als Bauern. Sie arbeiteten hart, doch von ihrem Ertrag blieb oft kaum etwas übrig. Hohe Abgaben, Frondienste, Leibeigenschaft – ein Leben im Dienste der Herrschenden. Dann kam die Reformation – und mit ihr Bewegung ins Denken. Die Bibel wurde auf Deutsch gelesen. Und plötzlich merkten die Bauern: Da steht nichts davon, dass ein Mensch einen anderen unterdrücken darf. Dass Gott will, dass sie arm und unfrei sind. Sie begannen, sich zu organisieren – und sie schrieben Geschichte.
In Memmingen im Allgäu verfassten sie im Jahr fünfzehnhundertfünfundzwanzig die berühmten Zwölf Artikel. Das erste politische Manifest einfacher Leute in deutscher Sprache. Ein Aufschrei nach Gerechtigkeit – und bis heute erstaunlich aktuell.
Die Zwölf Artikel von fünfzehnhundertfünfundzwanzig – und was sie forderten Titel: „Zwölf Forderungen für Gerechtigkeit – damals wie heute“
Ich will diese historischen Zwölf Artikel in vereinfachter Form noch einmal nennen:
Erstens: Freie Pfarrerwahl Jede Gemeinde soll ihren eigenen Pfarrer wählen und absetzen dürfen – ohne Einfluss von außen.
Zweitens: Gerechter Zehnt Nur der biblische Zehnt – also zehn Prozent – soll erhoben werden, und auch nur für echte Seelsorge.
Drittens: Abschaffung der Leibeigenschaft Kein Mensch soll Eigentum eines anderen sein.
Viertens: Freier Zugang zu Wald und Wasser Bauern sollen Holz sammeln, fischen und Wasser nutzen dürfen – zur eigenen Versorgung.
Fünftens: Weniger Frondienste Zwangsarbeit für Grundherren soll reduziert und gerecht geregelt werden.
Sechstens: Faire Pachtbedingungen Die Abgaben sollen verhältnismäßig sein – nicht willkürlich.
Siebtens: Keine Willkür beim Tod des Bauern Stirbt ein Bauer, soll sein Besitz seiner Familie zufallen – nicht dem Grundherrn.
Achtens: Recht auf freie Jagd Wild darf gejagt werden, wenn es Schaden anrichtet – es gehört nicht allein dem Adel.
Neuntens: Maßvolle Strafen Bestrafungen sollen gerecht sein – nicht grausam oder übertrieben.
Zehntens: Faire Neuverpachtung Land soll zu ehrlichen Bedingungen neu vergeben werden – nicht bevorzugt.
Elftens: Schutz der Gemeinderechte Gemeinschaften sollen alte Rechte und Gewohnheiten behalten dürfen.
Zwölftens: Bereitschaft zum Dialog Wenn eine Forderung unrecht ist, wollen die Bauern sie zurücknehmen – wenn sie biblisch begründet wird.
Fünfhundert Jahre später klingt das nicht wie ein Rückblick – sondern wie ein Echo auf unsere Zeit. Die Parallelen zur heutigen Landwirtschaft Titel: „Neue Fürsten, alte Probleme – Bauern heute“
Man könnte denken: Das ist lange her. Mittelalter eben. Aber wer heute in der Landwirtschaft steckt – der merkt schnell: Manches fühlt sich verdammt ähnlich an.
Natürlich – wir leben nicht mehr unter Fürsten. Aber unser Tun wird von oben gesteuert: Von Behörden, von Konzernen, von einer Politik, die uns oft nicht zuhört.
Stichworte wie: – Bürokratie bis ins Letzte – Gängelung durch Umweltauflagen – Märkte, in denen Bauern das letzte Glied der Kette sind
zeigen doch: Die Abhängigkeiten sind geblieben – sie haben nur andere Namen.
Die Bauern von damals kämpften für Selbstbestimmung. Für das Recht, ihren Alltag selbst zu gestalten. Auch heute geht es um Gerechtigkeit. Um faire Marktbedingungen. Um die Zukunft unserer Kinder.
Die Lehren von damals sind heute so wertvoll wie nie: Nur wenn die Bauern gemeinsam auftreten, wenn sie laut werden, wenn sie sich vernetzen – können sie etwas verändern.
Die neuen Zwölf Artikel für unsere Zeit Titel: „Was fordern wir heute? Die Zwölf Artikel von zweitausendfünfundzwanzig“
Was, wenn die Bauern heute ihre eigenen Zwölf Artikel aufstellen würden? Hier ein Vorschlag:
Erstens: Anerkennung der Landwirtschaft als systemrelevant Zweitens: Faire Preise – nicht nur Subventionen Drittens: Bürokratieabbau und Vertrauen in bäuerliche Kompetenz Viertens: Zugang zu Land für bäuerliche Betriebe Fünftens: Mitbestimmung in agrarpolitischen Fragen Sechstens: Respekt vor bäuerlichem Wissen Siebtens: Förderung regionaler Vermarktung Achtens: Tierwohl mit Augenmaß Neuntens: Schutz vor Preisdumping durch Importe Zehntens: Nachhaltige Ausbildung und Nachwuchsförderung Elftens: Sicherheit durch Planung – nicht durch Vorschriften Zwölftens: Ein gesellschaftlicher Schulterschluss – statt pauschaler Kritik
Die Bauern sind keine Bittsteller. Die Bauern sind das Rückgrat des Landes. Und sie fordern: Respekt, Gerechtigkeit und Mitsprache.
Die harte Realität – Spaltung, Politik und ein zerstörerisches System Titel: „Höfesterben als Programm – Wer profitiert?“
Doch zur Wahrheit gehört auch: Die deutsche Landwirtschaft steckt in einer tiefen Krise.
Statt gemeinsam für Veränderungen zu kämpfen, zerfleischen sich die Bauern in sinnlosen Grabenkämpfen. Das ist kein Zufall – sondern System. Während die einen um ihre Existenz bangen, kassieren die anderen kräftig ab – und die Politik schaut zu.
Ein kleiner Hof, fünfzig Hektar, kämpft gegen Dumpingpreise. Ein Großbetrieb mit fünftausend Hektar exportiert weltweit und streicht Millionen ein. Beide sind im selben Verband? Reine Fassade. Der kleine ist Statist. Der große macht Politik.
Subventionen gehen fast nur nach Fläche. Je größer der Betrieb – desto mehr Geld. Faire Preise? Fehlanzeige. Regionale Märkte? Kaputt durch Freihandelsabkommen. Politik? Nutzlos – oder Teil des Problems. Verbraucher? Reden über Nachhaltigkeit – kaufen aber billig.
Und so verschwinden jedes Jahr tausende kleine Betriebe. Zurück bleibt eine Agrarindustrie – für den Weltmarkt, nicht für das Land.